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Niedersachsens Wissenschaftsräume:Vielfältig zukunftsorientiert

10
Jun
2024
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Innerhalb der 16 kürzlich bewilligten Wissenschaftsräume sollen die Hochschulen stärker als bisher und gemeinsam mit außeruniversitären Einrichtungen noch engere Formen der Zusammenarbeit und des Austausches in Forschung, Lehre und Transfer finden. Wie breit Niedersachsens Forschung aufgestellt ist, zeigen einige Beispiele aus den neuen Vorhaben.

Nachhaltiger Küstenschutz

Der Meeresspiegel steigt immer schneller an und verändert die Küstenlandschaften weltweit. Mit zunehmendem Einfluss des Klimawandels wird in der Deutschen Bucht bis zum Ende des Jahrhunderts ein Anstieg von knapp einem Meter erwartet. Diese Entwicklung stellt auch die 750 Kilometer lange niedersächsische Nordseeküste vor enorme Herausforderungen: Wie kann die Küste nachhaltig, verantwortungsvoll und behutsam an den Klimawandel angepasst werden? Und wie lassen sich Nutzung und Schutz der natürlichen Ressourcen bestmöglich in Einklang bringen? Antworten auf diese Fragen will der „Wissenschaftsraum CoastAdapt“ unter Leitung der Technischen Universität Braunschweig (TUBS) liefern. Gemeinsam mit der Leibniz Universität Hannover (LUH) und der Universität Oldenburg soll dabei ein international sichtbares Küstenkompetenzzentrum entstehen und ein Masterstudiengang entwickelt werden, in dem benötigte Fachkräfte ausgebildet werden können. Mehr dazu im Magazin der TU Braunschweig.

Mikroelektronik ebenfalls Schwerpunkt

Die TUBS und die LUH widmen sich in einem weiteren gemeinsamen Wissenschaftsraum der Mikroelektronik. Die Mikroelektronik wird von den europäischen Regierungen zunehmend als kritische Technologie wahrgenommen. Sie soll unbedingt nach Europa zurückgeholt werden, um die derzeit fast vollständige Abhängigkeit von ausländischen bzw. asiatischen Lieferketten zu reduzieren. Ein Ergebnis des EU-ChipAct ist die Ansiedlung von Intel in Magdeburg, die überregionalen Bedarf an Fachräften auslösen wird. Mit dem neuen „Wissenschaftsraum Mikroelektronik“ stellen sich die Verbundpartner dieser Herausforderung in Forschung, Lehre und Ausbildung – zum Beispiel mit einem neuen Studiengang Mikroelektronik, der im Rahmen des Wissenschaftsraums konzipiert werden soll. „Mikroelektronik ist das, was unsere Technologien stetig kompakter und smarter macht“, sagt Prof. Andreas Waag, Sprecher des Wissenschaftsraums Mikroelektronik. Implantate in der Biomedizin, Schaltungen für die 6G-Kommunikation, Radartechnik, aber auch Prozessoren für die KI: Das sind Anwendungsfelder, die wir gemeinsam weiter erschließen werden. Schon jetzt haben die beteiligten Arbeitsgruppen ein hervorragendes internationales Standing. „Die Bündelung der Expertise im Wissenschaftsraum wird zu völlig neuen und einzigartigen Verbundprojekten führen“, so Andreas Waag. Mehr zum Wissenschaftsraum im Magazin der TUBS

Ein Mikrochip wird mit einer Maschine bearbeitet, im Hintergrund steht ein Computer

Das Zusammenbringen von Elektronik und Photonik auf einem einzigen Chip ist bis heute eine ungelöste Herausforderung. An der TUBS wird dafür an einem Verfahren mit Galliumnitrid geforscht.

Kooperation zwischen Mensch und KI

Fachkräfte spielen auch beim Vorhaben „Nachhaltige Mensch-KI-Zusammenarbeit“ (NaMeKi) eine gewisse Rolle: Der Wissenschaftsraum ist eine Reaktion auf ihren signifikanten Mangel bei Pflege-, Therapie- und Gesundheitsdienstleistungen. Forschungsergebnisse aus dem Bereich der Mensch-Maschine-Zusammenarbeit haben bis dato aufzeigen können, dass die Kooperation zwischen Menschen und Robotern nicht nur grundsätzlich möglich ist, sondern in vielfältigen Einsatzgebieten wesentlich zur Steigerung von Effizienz und Präzision einzelner Arbeitsschritte führen kann. Durch Künstliche Intelligenz (KI) gesteuerte Roboter reichen Utensilien an, halten Gegenstände in bestimmten Positionen fest, führen Aktionen aus, und all dies in unmittelbarer räumlicher Nähe zu menschlichen Akteuren. Neben der Untersuchung grundlegender technischer und ethischer Fragestellungen der Mensch-KI-Zusammenarbeit stehen insbesondere die Anwendungsgebiete im Bereich Pflege-, Therapie- und Gesundheitsdienstleistungen im Kern der Untersuchungen dieses Wissenschaftsraums. An diesem Projekt sind die Technische Universität Clausthal (federführend), die Universität Göttingen, die Universitätsmedizin Göttingen (UMG) und die Hochschule für angewandte Wissenschaft und Kunst (HAWK) beteiligt. Mehr dazu hier in der Pressemitteilung der HAWK.

KI-gestützte Provenienzforschung

KI steht auch im Wissenschaftsraum „Provenienz- und Sammlungsforschung Digital“ kurz ProSaDi im Fokus, hier jedoch angewandt in der Provinienzforschung. Denn in deutschen Museen befinden sich hunderttausende Objekte, die etwa in der Kolonialzeit durch Kriege, Raub oder Handel nach Europa gelangt sind. Welche Geschichte diese Objekte haben – woher sie kommen, welchem Zweck sie dienten und wer sie einmal besessen hat – ist oft nur lückenhaft dokumentiert. Hier setzt das interdisziplinäre Forschungsteam um die Historikerin Prof. Dr. Dagmar Freist von der Universität Oldenburg, der Provenienzforscherin Prof. Dr. Lynn Rother (Leuphana Universität Lüneburg) und den Informatiker Prof. Dr. Sascha Koch (Jade Hochschule Wilhelmshaven/Oldenburg/Elsfleth) an. In dem Wissenschaftsraum „ProSaDi“ trägt das Team dieses Wissen gemeinsam mit Forschenden aus den Herkunftsländern exemplarisch für zwei unterschiedliche Arten von Sammlungsgütern zusammen. Außerdem entwickelt es digitale Techniken, um die Informationen über die Sammlungsobjekte so aufzubereiten, dass sie einfach und allgemein zugänglich sind. Mehr dazu hier in der Pressemitteilung der Uni Oldenburg. 

Verschiedene Sammlungsstücke in Pappschachteln nebeneinander

Die Ergebnisse des Verbundes PAESE liefern einen Teil der Datengrundlage für den Wissenschaftsraum ProSaDi. Im Rahmen von PAESE hatten Forschende aus sechs niedersächsischen Museen und Universitäten sowie aus Kamerun, Namibia, Tansania und Papua-Neuguinea Sammlungsgut untersucht und in der ersten museumsübergreifenden öffentlich zugänglichen Datenbank erfasst.

Migration das Thema in Osnabrück

Der Wissenschaftsraum „Zukünfte der Migration (FuturMig)“ unter Leitung der Universität Osnabrück wird in den kommenden fünf Jahren mit knapp 3 Millionen Euro gefördert. Beteiligt sind die Universität Göttingen, die Universität Hildesheim, das Leibniz-Institut für Bildungsmedien/Georg-Eckert-Institut und das Museum Friedland. „Wie sahen und sehen migrationsbezogene Zukunftsszenarien aus? Welche gesellschaftlichen Fortschritte und welche Ängste werden mit Migration assoziiert? Welche Vorstellungen gibt es, die Migrationsgesellschaft solidarisch und nachhaltig zu gestalten? Das sind Fragen, mit denen sich die beteiligten Kooperationspartner auseinandersetzen werden“, erklärt Prof. Dr. Helen Schwenken, Direktorin des beteiligten Osnabrücker Instituts für Migrationsforschung und Internationale Studien. „Der Fokus unserer Forschung wird auf der Produktion von ‚Migrationszukünften‘ in Bildungskontexten liegen – von vorschulischen Einrichtungen, Schulen und Hochschulen bis zu zivilgesellschaftlichen Initiativen, Museen und Gedenkstätten.“ Mehr auf der Webseite der Universität Osnabrück.

Die Ausschreibung

Diese Vorhaben sind Beispiele aus den 16 ausgewählte Wissenschaftsräume, die bis zu vier Jahre durch zukunft.niedersachsen gefördert werden. Eine interdisziplinär zusammengesetzte, hochkarätige Kommission unter Leitung der VolkswagenStiftung schlug sie aus 47 Anträgen für eine Förderung vor. Bei der Auswahl achtete die Begutachtungskommission insbesondere auf die Aktualität und Innovationsgrad sowie die Verzahnung von Lehre, Forschung und der Praxistauglichkeit des vorgelegten Konzepts. Darüber hinaus spielten weitere Faktoren wie die bisher umgesetzten Vorbereitungen und langfristige Perspektiven über den Förderzeitraum hinaus eine wichtige Rolle.