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Graduierten-Kolleg für RNA-Anwendungen in Medizin und Pharmazie

30
Sep
2024
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Medikamente und medizinische Behandlungsmethoden auf der Basis von RNA werden immer wichtiger. Doch sie zu verarbeiten und zum Wirkort im Körper zu transportieren ist schwierig. Promotionsvorhaben zu einzelnen Arbeitsschritten sollen Erkenntnisse liefern, um RNA-basierte Techniken und Medikamente zukünftig besser anwenden zu können. Am Kolleg beteiligt ist Prof. Dr. Thomas Thum, der mit einem RNA-Medikament bereits den Weg von der Entdeckung bis hin zu klinischen Tests begleitet hat.

Ribonukleinsäure (RNA) ist ein Molekül, das in unseren Zellen Informationen speichert und hilft, Proteine zu produzieren, die der Körper für viele Funktionen braucht. In der Medizin wird dieses natürliche System genutzt, um gezielt Proteine zu erzeugen, die therapeutische Effekte haben – etwa für neue Therapien oder Impfstoffe. Entsprechende Therapien löschen, verstärken oder modifizieren die abgelesene Information von Genen auf RNA-Ebene, bevor diese in Proteine umgewandelt wird. RNA kann aber auch selbst in Proteine umgewandelt werden und dann ihre Wirkung entfalten.

Die technologischen und pharmazeutischen Herausforderungen dabei sind jedoch vielfältig: Viele Varianten der RNA sind instabil und müssen nach Herstellung schnell ultragekühlt oder verkapselt und geeignet gelagert werden. Da sie nach Verabreichung in der Regel rasch abgebaut werden, müssen sie so stabilisiert werden, dass sie ihr Ziel im Körper erreichen und dort lange genug aktiv bleiben, um die gewünschte Wirkung zu erzeugen.

Derzeit wird an vielen technologischen Ansätzen gearbeitet, die Herstellungsprozesse, die ein RNA-basierter Arzneistoff in seiner Entwicklung durchlaufen muss, zu optimieren. Auch sogenannte nicht-Protein-kodierende RNA Moleküle sind neue Ansatzpunkte therapeutischer Strategien.

RNA-Forschung als große Chance für Niedersachsen

Hier setzt ein neues Vorhaben an: Gebündelt im Graduiertenkolleg RNApp erarbeiten die Universitäten, Kliniken und Fraunhofer-Institute Grundlagenforschung und eröffnen den Ergebnissen den Weg in die klinische Praxis. In den nächsten drei Jahren sollen hierfür zwölf Promotionsvorhaben durchgeführt werden. Im Fokus stehen RNA-basierte Medikamente und Therapiemethoden. Federführend sind die Medizinische Hochschule Hannover (MHH), die Leibniz Universität Hannover, die TU Braunschweig, die Universitätsmedizin Göttingen und das Fraunhofer-Institut für Schicht- und Oberflächentechnik beteiligt. Dafür erhalten die Institutionen über 3,2 Mio. Euro aus zukunft.niedersachsen.

Ein Mann im weißen Kittel zeigt etwas an einem Herz-Modell

Prof. Dr. Thomas Thum von der Medizinischen Hochschule Hannover hat einen Wirkstoff auf RNA-Basis gegen Herzinsuffizienz mitentwickelt. Mit diesem Wirkstoff hat er die komplette Entwicklungskette von Beginn bis zur klinischen Testung miterlebt. Aktuell wird das Mittel an 280 Patient:innen mit Herzschwäche getestet.

„Niedersachsen, genauer gesagt Hannover, Göttingen und Braunschweig, wird international als Forschungsstandort mit viel RNA-Expertise wahrgenommen. Mit dem Kolleg fördern wir nun gezielt interdisziplinär Forschende in einer frühen Karrierephase. Die einzelnen Promotionsvorhaben versprechen ein hohes Transfer- und Translationspotenzial in die medizinische Anwendung“, sagt Sprecher Prof. Dr. Thomas Thum von der MHH.

Ausgründung mit Vorbildcharakter: RNA-Wirkstoff gegen Herzinsuffizienz

Thum selbst hat damit viel Erfahrung sammeln können, von der auch die Promovierenden profitieren werden. So wird aktuell ein von ihm mitentwickelter Wirkstoff auf RNA-Basis gegen Herzinsuffizienz an 280 Patient:innen mit Herzschwäche getestet. Mit diesem Wirkstoff hat er die komplette Entwicklungskette von Beginn bis zur klinischen Testung miterlebt. Das von ihm dazu gegründete Startup Cardior Pharmaceuticals wurde 2024 für bis zu 1,025 Mrd. Euro dänischen Pharmakonzern Novo Nordisk übernommen. Mehr dazu erfahren Sie in dieser Mitteilung der MHH

So haben die Promovierenden im Graduiertenkolleg nicht nur in der Forschung Unterstützung. Im besten Fall stehen ihnen auch bei den darauffolgenden Schritten auf dem Weg zur Anwendung von RNA-basierten Medikamenten und Techniken erfahrene Wissenschaftler:innen mit ihrer Expertise zur Seite.